Afrikanische Kulturschaffende in der Informationsgesellschaft
Les acteurs culturels africains dans la société de l’information
Mittwoch, 10. Dezember 2003
Das Ende des zweiten Jahrtausends ist durch Umwälzungen auf allen Ebenen gekennzeichnet. Diese Umwälzungen zeigen sich auf der Ebene der Telekommunikation durch das Aufkommen und die Entwicklung des INTERNET. Anstatt in der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ein Mittel zu finden, um das Problem seiner Isolation sowohl auf interner (nationaler und regionaler) als auch auf externer (internationaler) Ebene zu lösen, scheint Afrika diese Erneuerungsbewegung zu ignorieren. Eine sehr ernste Tatsache belegt dies: Afrikaner machen laut einer sehr aktuellen Zählung, die auf dem Portal der Website von SENTOO.SN veröffentlicht wurde, nur 1% der weltweiten Cyber-Community aus. Im Senegal zum Beispiel, wie in den meisten Ländern des afrikanischen Kontinents, gibt es eine Reihe von Hürden, die die Initiative behindern, wie zum Beispiel der schlechte Informationsfluss.
Kulturelle Aktivitäten werden in diesem Kontext stark beeinträchtigt. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass Kulturschaffende im Allgemeinen und Schöpfer ästhetischer Güter im Besonderen aufgrund fehlender Mittel die ersten Opfer der Abgeschiedenheit unseres Kontinents sind. Eine der größten Herausforderungen ist die Verwaltung der Kommunikation. Angesichts der Tatsache, dass es auf nationaler und kontinentaler Ebene kein angemessenes Kulturprogramm gibt, muss man das materielle und/oder moralische Elend der Kulturschaffenden anerkennen.
Die öffentlichen Behörden sind mehr denn je gefordert. Eine umfassende Analyse des Kultursystems veranlasst uns zu einem letzten Hilfeschrei: Die Kulturschaffenden müssen von dem langsamen Tod erlöst werden, dem sie durch das Elend ausgesetzt sind. In einem neuen globalen Kontext, der durch die Tendenz zur Konsolidierung und zur Bildung großer Einheiten in allen Tätigkeitsbereichen gekennzeichnet ist, ist der Kulturschaffende in den armen Ländern im Allgemeinen sich selbst überlassen. Zurückgezogen an den Rändern des menschlichen Daseins kämpft dieser Mensch. Und, getrieben vom Überlebensinstinkt, hält er sich in diesem unfruchtbaren Rückzugsort gefangen und nimmt stoisch ein seltsames Bild an sich, das so fremd ist, dass es der Vorstellung, die er sich immer von sich selbst gemacht hat, nicht entspricht. Das ist eine Pathologie! Soziokulturelle Maßnahmen sind erforderlich, um die afrikanischen Kulturschaffenden aus dieser Sackgasse zu befreien. Was die Frage der Kulturindustrie betrifft, so stellen wir auch hier fest, dass es ein Bündel von Faktoren gibt, die zusammenlaufen und zur Marginalisierung der Schöpfer ästhetischer Güter führen.
Wir haben nicht den Anspruch, alle diese Faktoren hier zu behandeln. Lediglich auf praktische Weise werden wir unsere Analyse auf das Kommunikationssystem ausrichten. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die afrikanische Kulturszene unter anderem unter dem schlechten Informationsfluss leidet. Der Kunstmarkt ist aufgrund seiner informellen Natur und seiner wirtschaftlichen Schwäche nicht in der Lage, den Schöpfern ästhetischer Güter einen angemessenen Absatz ihrer Produktion zu ermöglichen. Dies führt zu einem doppelten Verlust. Um der Wertminderung ihrer Produkte auf lokaler Ebene entgegenzuwirken, wenden sich die Kunstschaffenden den westlichen Märkten zu. Bei der Suche nach Absatzmärkten sind Touristen eine bevorzugte Kundschaft. Diese ausländischen Kunden sind sich der prekären Lebensbedingungen der Kreativen bewusst und nutzen diese aus. Aufgrund des informellen Charakters des Kultursektors befinden sich die Kulturschaffenden im Zentrum eines intensiven Ausbeutungssystems.
Der ungezügelte Merkantilismus im Kunstbereich, wie er in Afrika praktiziert wird, stellt ebenfalls einen echten kulturellen und wirtschaftlichen « Aderlass » dar. Die auf diesem Weg verkauften (um nicht zu sagen verscherbelten) Kunstwerke, bei denen vor allem Ausländer dominieren, fliegen davon und verschwinden spurlos. Diese Plage ist die schmerzhafte Folge von Amalgam, das sich aufgrund der Desorganisation des kulturellen Systems tief im Bewusstsein der Menschen verankert hat. Die Verarmung der Kulturschaffenden und der Schöpfer ästhetischer Güter veranlasst uns, uns weitere Fragen zu stellen: Wie kann man mit der Marginalisierung der Kulturschaffenden und der Schöpfer brechen? Sollten wir eine neue Kommunikationspolitik verfolgen und uns an einer besseren Vermarktung der afrikanischen Kulturen beteiligen?
Das « Image-Management » sollte am Anfang und am Ende jeder kulturellen Handlung stehen. Um die Kulturschaffenden und die afrikanischen Kulturen aus der Blockade zu befreien, ist es unserer Meinung nach notwendig, zunächst einmal die Kultur zugänglich zu machen. Denn es ist widersprüchlich, wenn nicht gar paradox, dass die afrikanische Kulturindustrie trotz ihres Reichtums und ihrer Vielfalt auf internationaler Ebene marginalisiert wird. Die traditionellen Medien (Kunstgalerien, Antiquitätenläden, Messen…) haben ihre Grenzen bei der Förderung von Kunst und Kultur in Afrika aufgezeigt. Das Problem der Verbreitung ist nach wie vor ungelöst. Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bieten aufgrund ihres einfachen Zugangs echte und unschätzbare Möglichkeiten, ohne sie jedoch zu idealisieren.
In diesem Sinne stellen sie eine wirksame Alternative für die Verbreitung und Aufwertung von Kulturprodukten und der Kulturindustrie dar. Und anstatt die alten Medien zu ersetzen, können Multimedia-Medien (wie kulturelle Websites) zu deren Stärkung führen, indem sie virtuelle Galerien, elektronische Press-books und die Förderung des elektronischen Publizierens (Präsentation von fiktionalen Texten und Veröffentlichung von Referenzdokumenten aus dem traditionellen Kulturerbe) ermöglichen.
Die Digitalisierung ist eine Chance für Afrika. Aufgrund seiner Zugänglichkeit ist das Internet ein Werkzeug, das die Förderung lokaler Kulturen und den Austausch, der zur Integration der Völker innerhalb des Kontinents führt, erleichtern könnte. Jeden Tag loggen sich mehr als eine Milliarde Internetnutzer in das « Netz der Netze » (INTERNET) ein. Die Präsenz in einem solchen Netzwerk bietet unschätzbare kommunikative Möglichkeiten. Wie wir jedoch oben festgestellt haben, scheinen die Afrikaner diese strategische Herausforderung zu ignorieren. Und im Kontext der Globalisierung kann das INTERNET für Afrika zu einem zusätzlichen Handicap werden.
Die Afrikaner werden einmal mehr der äußerst schädlichen Strahlung westlicher Propagandaproduktionen ausgesetzt sein. Der Scheinkomfort « der Position als ewige Konsumenten von Ideen und Praktiken » wird die kulturelle Entfremdung noch verschlimmern. Die sehr negativen wirtschaftlichen Folgen, die sich aus dem Fehlen einer innovativen und wirksamen Antwort auf eine konsequentere Positionierung der Kulturen und kulturellen Produktionen aus dem Kontinent ergeben, sind real.
Papa Oumar FALL, Kulturschaffender,
Administrator der kulturellen Website Styloculture (Quelle: Le Quotidien, 10. Dezember 2003)